12.08.2025
Wissenschaftsbasierte Klimaziele
Mit der Science Based Targets initiative (SBTi)
Warum sollte ich mir als Unternehmen Klimaziele setzen?
Nach der Erstellung einer Treibhausgasbilanz ist die Definition konkreter Reduktionsziele der nächste essenzielle Baustein im Klimamanagementprozess. Wenn Start- und Zielpunkt bekannt sind, ist der grundlegend einzuschlagende Weg klar und kann mithilfe passender Maßnahmen Schritt für Schritt zurückgelegt werden. Bei der Zieldefinition ist es wichtig, nicht nur planbare, kurzfristige Reduktionsmaßnahmen zu berücksichtigen, sondern auch visionär zu denken und mögliche langfristige Veränderungen einzubeziehen.
In den vergangenen Jahren haben sich insbesondere größere Unternehmen konkrete Klimaziele gesetzt. Viele haben ihre Ziele formell durch die Science Based Target initiative (SBTi) validieren lassen oder orientieren sich dabei an deren Anforderungen. Die Emissionsreduktion in Scope 3 stellt für diese Unternehmen eine besondere Herausforderung dar, da direkte Einflussmöglichkeiten begrenzt sind, handelt es sich doch um Maßnahmen, die z.B. beauftragte Logistiker oder Produzenten von Vorprodukten umsetzen müssten. Vermehrt werden daher auch Anforderungen an Lieferanten gestellt: Die Erstellung von Treibhausgasbilanzen auf Unternehmens- oder Produktebene, teilweise kommt die Definition von und Selbstverpflichtung zu wissenschaftsbasierten Klimazielen hinzu. Auch wenn es mittlerweile mehrere entsprechende Initiativen gibt: Referenzpunkt für die Lieferantenanforderungen ist in der Regel die SBTi.
Wissenschaftsbasierte Klimaziele – was ist damit gemeint?
Klimaziele werden in der Regel als wissenschaftsbasiert bezeichnet, wenn sie - auf Grundlage der aktuellsten klimawissenschaftlichen Erkenntnisse - im Einklang damit stehen, die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu beschränken. Dies erfordert zunächst eine drastische Reduktion von Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen), zusätzlich jedoch auch die Implementierung von Maßnahmen zur dauerhaften Reduktion der THG-Konzentration in der Atmosphäre, d.h. die THG-Entnahme aus der Atmosphäre durch natürliche oder technische Kohlenstoffsenken. Diese Kombination aus Emissionsreduktion eines Unternehmens bis auf „0“ bzw. bis auf ein Residuallevel entsprechend eines mit dem 1,5 °C-Ziel konformen Reduktionspfads sowie die Neutralisierung eventueller Residualemissionen im Zieljahr nimmt die SBTi als corporate-Ansatz für ein "Net-Zero Target".
Die Science Based Targets initiative
Die SBTi wurde ursprünglich durch Carbon Disclosure Project (CDP), United Nations Global Compact, World Resources Institute (WRI) und World Wide Fund For Nature (WWF) ins Leben gerufen, um wissenschaftsbasierte Klimaschutzziele zum unternehmerischen Standard zu machen. Heute hat die SBTi den rechtlichen Status einer Stiftung mit Sitz in London, UK. Die Stiftung ist Herausgeberin der SBTi Standards und Guidances für wissenschaftsbasierte Klimaziele von Unternehmen. Seit 2025 können sich Unternehmen öffentlich zu Klimaschutzzielen verpflichten. Der Ambitionsgrad wurde im Lauf der Zeit an neue wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst.
Die Initiative baut auf Selbstverpflichtung und Transparenz: Unternehmen können sich in einem ersten Schritt offiziell zu Science Based Targets verpflichten (sog. commitment) und werden ab diesem Zeitpunkt öffentlich im „Target Dashboard“ auf der Website der SBTi gelistet. Anschließend hat das Unternehmen zwei Jahre Zeit, seine Klimaziele einzureichen und validieren zu lassen. Die Validierung, d.h. die Prüfung auf Konformität der Klimaziele mit den SBTi Standards, erfolgt kostenpflichtig durch die SBTi Services Limited, ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Stiftung. Für die Einreichung der Ziele werden seitens der SBTi Informationen und Instrumente zur Verfügung gestellt. Die Zielerreichung, d.h. die kontinuierliche Reduktion der Emissionen, wird in regelmäßigen Abständen überprüft.
Der übergeordnete Standard der SBTi ist der SBTi Corporate Net-Zero Standard (V1.2). Der Standard befindet sich derzeit in Überarbeitung, die neue Version (V2.0) wird voraussichtlich ab 2027 anzuwenden sein. Unternehmen können und sollten sich bis dahin jedoch nach wie vor Ziele entsprechend der bestehenden SBTi Standards setzen, die dann fünf Jahre bzw. bis maximal 2030 Bestand haben, bevor der neue Standard angewendet werden muss.
Grundsätzlich gelten gemäß dem Corporate Net-Zero Standard sektorübergreifend die SBTi Corporate Near-Term Criteria (V5.2) für Unternehmen, die sich lediglich kurzfristige Klimaziele (d.h. 5-10 Jahre in der Zukunft) setzen möchten bzw. zusätzlich die SBTi Corporate Net-Zero Standard Criteria (V1.2) für Unternehmen, die sich auch Net-Zero Ziele setzen möchten. Net-Zero wird bei der SBTi definiert als Kombination aus Emissionsreduktion eines Unternehmens bis auf „0“ bzw. bis auf ein Residuallevel entsprechend eines mit dem 1,5 °C-Ziel konformen Reduktionspfads sowie die Neutralisierung (landläuig Kompensation) eventueller Residualemissionen ab dem Zieljahr.
Ein Ausnahme bilden Unternehmen aus dem Finanzsektor, für diese gilt der im Juli 2025 erstmalig veröffentlichte Financial Institutions Net-Zero Standard (V1.0). Darüber hinaus gibt es für weitere Wirtschaftssektoren sektorspezifische Guidances, die teils zur Anwendung empfohlen und teils verpflichtend anzuwenden sind.
Wichtiges Beispiel für eine der verpflichtenden Guidances ist die Forest, Land and Agriculture Science-Based Target-Setting Guidance („FLAG Guidance“). Diese gilt für Unternehmen aus landabhängigen Wirtschaftssektoren, d.h. insbesondere Forstwirtschaft und Papier-Industrie, Lebensmittelproduktion, - verarbeitung und -handel sowie Tabak-Industrie. Die FLAG Guidance ist jedoch auch von Unternehmen aus allen anderen Sektoren anzuwenden, wenn mindestens 20% ihrer gesamten Scope 1, 2 und 3 Emissionen FLAG-bezogen sind. Unternehmen, die von der FLAG Guidance betroffen sind, müssen sich zusätzlich zu den klassischen Near-Term Targets bzw. Net-Zero Targets separate Reduktionsziele für ihre FLAG-bezogenen Emissionen setzen.
Nicht zuletzt gibt es bei SBTi speziell für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) einen vereinfachten Prozess zu SBTi-konformen Klimazielen, die „SME validation route“. Dieser Prozess ist schlanker gestaltet als der Prozess für größere Unternehmen („standard route“). Er unterscheidet sich in Bezug auf die Anforderungen und ist deutlich kostengünstiger. Die SME route stellt somit insbesondere für kleinere Unternehmen eine interessante Option dar, insbesondere, wenn sie von ihren Kunden verpflichtet werden, Klimaziele durch die SBTi validieren zu lassen. Sie steht jedoch nicht grundsätzlich für alle KMU nach herkömmlicher Definition zur Verfügung, denn es müssen zusätzlich zu bestimmten Anforderungen an die Unternehmensgröße auch weitere Kriterien erfüllt sein; so darf das Unternehmen nicht
- in Summe mehr als 10.000 t CO2e Scope 1 und location-based Scope 2 Emissionen verursachen,
- Tochterunternehmen eines Unternehmens sein, das unter den üblichen SBTi-Prozess fällt,
- dem Finanzsektor oder dem Öl & Gas-Sektor angehören,
- unter die Verpflichtung zur Anwendung sektorspezifischer SBTi-Kriterien fallen.
KlimAktiv begleitet Ihr Unternehmen auf dem Weg zu SBTi-validierten Klimazielen
Sowohl die Anforderungen an SBTi-konforme Klimaziele als auch der Validierungsprozess durch die SBTi können sich abhängig von Unternehmensgröße und Branche unterscheiden, beginnend mit den Anforderungen an die zugrundeliegende Treibhausgasbilanz. Dies erfordert eine individuelle Beratung. Unabhängig davon, an welcher Stelle Ihr Unternehmen aktuell in Bezug auf betriebliches Klimamanagement steht – ob noch vor der ersten Treibhausgasbilanz oder ob Sie sich bereits öffentlich bei der SBTi zu wissenschaftsbasierten Klimazielen verpflichtet haben – die Consultants von KlimAktiv unterstützen Sie mit ihrer Expertise auf dem Weg zu SBTi-validierten Klimazielen.
Für einen tieferen Einblick zu den konkreten Anforderungen an Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen sowie zu den Unterschieden zwischen Near-Term und Net-Zero Targets laden wir zum nächsten KlimAktiv-Forum am 8. September um 15.00-15.45 Uhr ein. Melden Sie sich gerne vorab über ccf@klimaktiv.de für das Kundenforum an, ggf. mit konkreten Fragen zum Thema. Diese werden wir gerne bei der Konzeption berücksichtigen.
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